Sonntag, 02. Februar 2025 Evangelische Kirche Hohen Neuendorf:
Eine rappelvolle Kirche am Sonntagnachmittag?
Klar, schließlich hatte die AG jazzin` hn des Kulturkreises Hohen Neuendorfs etwas ganz Besonderes zu bieten:
Arne Jansen, Anders Jormin und Uwe Steinmetz stellten ihr Album „The Pilgrimage“ (deutsch ’“Die Wallfahrt“) vor.
Arne Jansen – der berühmteste Jazzgitarrist der Stadt, der Gegend, des Landes. Ausgezeichnet mit (bisher) 2 Jazz-Echos. Dauergast auf den großen Jazzbühnen und -festivals Europas. Den kennt man natürlich.
Über Uwe Steinmetz musste ich erst bei Wikipedia lesen:
„Steinmetz begann mit 16 Jahren professionell aufzutreten. Von 1996 bis 1998 studierte er Saxophon an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin, um dann seine Studien bis 1999 an der Swiss Jazz School in Bern fortzusetzen. Nach einer Tätigkeit als Musiklehrer in Südindien studierte er 2001/2002 im Masterprogramm des New England Conservatory of Music in Boston. Mit dem Bundesjazzorchester unter Leitung von Peter Herbolzheimer war er 1999 an dem Album „On Tour“ beteiligt. Im Laufe seiner Karriere legte er eine Reihe von Alben unter eigenem Namen vor: Neben unzähligen Aktivitäten trat er mit u.a. der NDR Bigband und den Young Voices Brandenburg 2019 in der Gedächtniskirche (Berlin) auf. 2020 legte er die Aufnahme seines Jazzoratoriums „Lass leuchten uns dein göttlich Licht“ vor, arrangiert nach Chorälen von Martin Luther wie „Ach Gott, vom Himmel sieh darein“, an dem neben der Sängerin Esther Kaiser auch Musiker wie Arne Jansen und Eric Schaefer mitgewirkt hatten. Des Weiteren komponierte Steinmetz Werke für Chöre, Orgel, Kammerorchester, Streichquartett und Bigband; 2011 veröffentlichte er mit Christoph Georgii und Beat Rink das Realbook of Great Hymns. Er unterrichtete von 2008 bis 2021 an der Hochschule für Musik und Theater Rostock und arbeitete 2015–2024 am Liturgiewissenschaftlichen Institut der VELKD bei der Universität Leipzig zum Thema „Musik im Gottesdienst.“ 2021 promovierte er zum Dr. phil. an der Universität Göteborg über religiös inspirierten Jazz in christlicher Tradition. Seit Herbst 2024 arbeitet er als Dekanatskantor im evangelischen Altdekanat Cham und der evangelischen Kirchengemeinde Cham.“
Aha! Da spielt also nicht irgendwer. Da spielt einer der Besten!
Als Hobby-Kontrabassist gab es für mich noch einen ganz besonderen Grund, hinzugehen: Das war der schwedische Star-Bassist Anders Jormin. Mir ist niemand bekannt, der so spielt wie er. Von diesem Vollblut-Musiker habe ich schon viel gehört und gelesen – erlebt habe ich ihn nie. Aber jetzt.
Jormins meisterhaftes Bassspiel ist tänzerisch, vorsichtig – fast zärtlich, voll enormer sensibler Spielfreude und erstaunlich….leise. Musikalischer Ausdruck – und um den ging es hier freilich – muss nicht – oder sollte ich laienhaft freveln – darf gar nicht laut sein?!
Anders Jormin zählt seit Jahrzehnten zu den herausragenden Kontrabassisten und Bandleadern der schwedischen Post-Bop-Szene. Bekannt wurde er auch durch seine Mitgliedschaft in der Formation „Rena Rama“ von Bobo Stenson, wo er Palle Danielsson ablöste.
Jormin ist ein viel gefragter Begleiter von Jazzgrößen wie Lee Konitz, Joe Henderson, Don Cherry, Mike Mainieri, Kenny Wheeler, Albert Mangelsdorff, Dino Saluzzi, Norma Winstone und Marilyn Crispell. Daneben leitete Jormin verschiedene Solo-Projekte, mit denen er seit den 1980er Jahren zahlreiche Alben, unter anderem für das ECM-Label aufnahm. Ab den 1980er Jahren bis zu seiner Pensionierung war Jormin auch als Lehrer für Bass und Improvisation an der Göteborger Musikhochschule tätig. 1995 hatte er eine Gastprofessur an der Sibelius-Akademie in Helsinki. Jormin ist auch Mitglied der Königlich Schwedischen Musikakademie und erhielt 2003, zusammen mit Esa-Pekka Salonen und Georg Sokolow, die Ehrendoktorwürde der Sibelius-Akademie. 2010 wurde er mit dem Jazzpreis der Königlich Schwedischen Musikakademie ausgezeichnet.
Jansen, Steinmetz und Jormin nennen ihr Projekt nicht um sonst “The Pilgrimage“.
Es ist eine Reise. Eine musikalische Wallfahrt zum hör-reisen mit Stationen am Leuchtturm auf Jormins einsamer Insel in Schweden, zum estnischen Komponisten Arvo Pärt, nicht zuletzt sogar nach Südindien zum Saxophonschüler von Uwe Steinmetz. Es ist Musik in höchster tiefer Reife. Mehr als „Weltmusik“. Natürlich virtuos mit lyrischer Poesie, nuanciert von einem nordischen Touch. Das hinterlässt so ein unglaubliches melancholisches Wohlgefühl.
Hier zeigte das Trio, wie perfekt es zueinander passt. Ein Guss zu jeder Zeit, zu jedem Tempo. Nicht nur für mich als Hobby-Kontrabassisten ein absoluter Genuss.
Das Publikum in der vollbesetzten evangelischen Kirche muss es ähnlich gesehen haben. Anders ist der tosende Applaus, der Zugaben forderte, ja nicht zu erklären.
Ja, das war vom Feinsten! Und ja, sowas veranstaltet der Kulturkreis (nicht nur) an einem Sonntag im Februar.
Und nein: Ich werde meinen Kontrabass jetzt nicht verbrennen – ich werde weiter üben – vielleicht aber auch mal leise…
Für das Organisationsteam der AG jazzin`hn
Michael Maak
Stellv. Vorsitzender
Kulturkreis Hohen Neuendorf e. V.
Fotos: heri@karchphoto.de (FotoAG_KK)